Heleen, die kleine Motte

28 April 2007

Prinzessinen Allüren

Jaaa, Heleen ist momentan etwas anstrengend. Unsereins macht sich ja sofort ganz großartige Gedanken/Sorgen, wenn Heleen mal mehr weint als sonst. Aber der Oberarzt hat uns schmunzelnder Weise beruhigt. Er glaubt, dass sie in der ganz normalen Entwicklungsphase einer (fast) 2-Jährigen ist, die alles alleine austesten will und nachhaltig entrüstet ist, wenn man sie nicht das tun lässt, was sie gerade will. Dazu gehört momentan leider auch Wickeln und Waschen. Beides Dinge, die man besser nicht vernachlässigen sollte…Nun aber erstmal zu den Unternehmungen der letzten Tage:

Leider ist es noch immer die Ausnahme, dass wir uns gezielt mit anderen kleinen Kindern treffen. Meist ist dann doch wieder jemand krank geworden und uns ist das Ansteckungsrisiko (auch bei einer leichten Erkältung) zu groß. Aber Heleen durfte neulich ihrem kleinen Freund „Im“ (Tim) besuchen. Seine Cousine war auch da und es ging hoch her. Tim und Lea spielen nämlich am allerliebsten mit dem Ding, was der andere gerade entdeckt hat und natürlich lautstark verteidigen muss.

Heleen lassen solche Streitigkeiten dann eher das Weite suchen. Schon im Garten war Susanne aufgefallen, dass Heleen meist an anderer Stelle beschäftigt war. Ganz offensichtlich wurde es dann aber, als sie demonstrativ das Wohnzimmer verließ, sich in einen Buggy setzte und verlangte, dass wir nach Hause fahren.

Heleen scheint mehr der Beobachter zu sein. In der Wartezone der MHH ist es nämlich regelmäßig der Fall, dass Heleen sich zu anderen Kindern stellt und deren Tun verfolgt.


Natürlich nutzen wir weiterhin unsere Zoo-Jahreskarte und freuen uns sehr darüber, wie es Heleen von Mal zu Mal besser bei den Tieren gefällt. Als sie durch eine riesengroße Glasscheibe die Löwen anschaun konnte, hat sie fast einen Luftsprung vor Lachen gemacht. Es ist ja aber auch beeindruckend, wenn der Papa-Löwe fast direkt an einem vorbeigeht (egal, ob man noch nicht mal ein laufender Meter ist oder das doppelte an Länge aufweist). Die Schimpansen haben es ihr auch angetan. Dort gibt es auch so ein tolles Riesen-Fenster und Heleen hatte gleich mal davor Platz genommen und den Tieren bei der Siesta zugesehen. An anderer Stelle hat sich ein Schimpanse noch zu einem Spezial-Animationsprogramm hinreißen lassen: Er ist extra für Heleen (wir waren die einzigen Zuschauer) auf einen meterhohen Baumstamm geklettert, hat dort ein paar Dehnübungen gemacht und dann wieder runter geklettert.

Eine echte Attraktion war nun die Bootstour durch den „Sambesi“. Bislang musste sich Heleen mit neugierigen Blicken auf die überdachten Floße begnügen, da wir nicht so recht abschätzen konnten, wie es ihr auf dem Wasser gefallen würde. Nun haben wir es gewagt und sind selbst fast begeisterter als unser Kind… Man kommt recht nah an Zebras, Flamingos, Flusspferden, Giraffen und anderen “fremden Tieren“ vorbei und würde die Tour am liebsten gleich noch einmal machen. Recht lustig es, als ein Wasservogel unser Boot als Mitfahrgelegenheit nutzte. Er setzte sich ziemlich direkt neben Heleen und ließ sich ein ganzen Stück mitnehmen.


Inzwischen habe ich auch den Stadtpark wieder für mich entdeckt. Heleen hat mittlerweile auch keine Angst mehr vor den Enten am Teich. Ganz im Gegenteil, es hat ihr richtig Spaß gemacht, sie zu füttern. Oma musste immer ganz schnell ein neues Brotstück bereithalten, was Heleen den Enten zuwerfen konnte. Im Park hat sie nun auch Löwenzahn kennen gelernt. Sie findet es total spannend, wenn man auf einer Brücke steht und Blüten ins Wasser wirft, die dann weitertreiben. Dann heißt es immer „MEHR!“ und ihre Begleitung muss zusehen, schnell neue Blüten zu pflücken. Für Heleen faszinierend und für uns belustigend, sind die Pusteblumen. Manchmal klappt es bei ihr nicht so ganz mit dem Pusten und wir müssen ihren Mund von den Pollen befreien.



Der längste Ausflug hat uns wieder nach Hamburg geführt. Allerdings ist die Autofahrt ungewohnt unruhig verlaufen. Heleen wollte nämlich alle paar Minuten mit etwas anderem beschäftigt werden. Auch bei Tante „Biba“ war es dann nicht ganz so unkompliziert, wie bei unserem ersten Besuch. Vom Frühstück hat ihr kaum etwas geschmeckt, dafür haben Heleen die Bananen der Mitbewohnerin interessiert. Als wir dann wieder an der Elbe spazieren waren, hatte sie auf den Luxus des in der Karre gefahren werden nicht recht Gebrauch gemacht. Sie wollte lieber auf dem Arm getragen werden oder selbst laufen.
Immerhin hat sie sich nun doch recht gut mit Birthes Freund Christoph angefreundet. Der Name macht ihr zwar Schwierigkeiten und sie arbeitet noch an einer „Abkürzung“, aber sie hat sich beim Kuchenessen sehr bereitwillig auf seinen Schoß gesetzt und mit ihm U-Boote gemalt. Zum Abschied gab es dann sogar noch ein Küsschen. Die Betonung liegt hier auf „ein“. Denn zu mehr war Heleen nicht bereit und hat das auch ganz klar gestellt. (Wie war doch gleich das Lieblingswort mit 4 Buchstaben… NEIN.)

Wir haben von der MHH einen dicken Ordner mit Sicherheits- regeln an die Hand bekommen, in dem nachzulesen ist, wie man Kinder mit geschwächten Abwehrkräften vor Infektionen schützen sollte. Nun haben wir uns diese Tipps über einige Monate angeeignet und da ist es ehrlich gesagt schon schwierig wieder „normal“ zu denken. Unser Arzt sagt immer, tun sie das mit Heleen, was ihr Spaß macht. Für uns leichter gesagt als getan, denn im Hinterkopf schwirren diverse Sicherheitsregeln und der Ansatz, Heleen so lange es geht vor einer Infektion zu schützen. Bislang haben wir deshalb stets darauf geachtet, dass Heleen nicht im Sand buddelt. Doch vor ein paar Tagen hat Heleen dann so sehnsüchtig auf die rote Schaufel eines Mädchens geschaut und im nächsten Moment hielt sie auch schon in den Händen… Ab jetzt ist unser Beutelchen mit Schaufel, Harke und Förmchen stets an Board, wenn es in Richtung Sandkasten gehen könnte.

Ein bisschen Sorgen macht uns, dass Heleen in den letzten Tagen etwas erhöhte Körper- temperaturen hat. Wären die Aussichten anders hätten wir uns längst in der Klinik melden müssen, Heleen wäre auf diverse Infektionen untersucht und zur Sicherheit wahrscheinlich mit einem Antibiotikum behandelt worden.

Bislang normalisiert sich die Temperatur über Nacht wieder. Hätten wir nicht routinemäßig gemessen, wüssten wir ja auch gar nicht, wie es ist.

Trotzdem gehen bei uns alle Alarmglocken an und die Angst, die mal mehr, mal weniger präsent ist, steht wieder im Vordergrund: Wie viel Zeit dürfen wir noch mit Heleen verbringen? Wie wird es ihr in der nächsten Zeit gehen? Werden wir weiterhin so viel mit ihr unternehmen können?

Ach so, es gibt immer noch die Möglichkeit einen oder mehrere Kommentare zu hinterlassen (wer unsere Emailadresse hat, darf uns auch gerne schreiben!!!), darüber freuen wir uns! Aber bitte machts nicht ganz so anonym und schreibt euren Namen doch mit dazu (auch wenn wir euch nicht kennen sollten!) !

16 April 2007

Ostern

Das Osterfest konnte Heleen dieses Jahr schon ganz anders erleben, wie noch im vergangenen Jahr. Ihr Lieblingswort in dieser Zeit: "Eija"(Eier), diese konnte und wollte sie in der Osterzeit zu Hauf verspeisen, sei "richtige" Eier zum Frühstück oder die Schokoeier. Diese konnte Heleen mit Geduld und Hingabe aus der Folie auspacken und anschließend genüßlich verspeisen. Ein weiteres Highlight war die Einweihung der eigenen Schaukel, die bei Oma und Opa im Garten steht. An den Ostertagen konnte sie diese ausgiebig testen. Am besten war das Schaukeln, je höher und heftiger es wurde. Mit "mehr" und "dolla" Rufen mußte entsprechend Schwung gegebeben werden!
Die Fahrten in die MHH beschränken sich weiterhin auf zwei Besuche pro Woche, Dienstags zur Kontrolle und Freitags zur Untersuchung und "Auffüllen" der Thrombozyten, denn die halten zurzeit noch eine Woche!
Nun ist auch "Heleens Arzt" aus dem Osterurlaub zurück und wir haben mit ihm besprochen, dass Heleen am kommenden Freitag die letzten Zellen des Spenders erhalten soll. Ein anderer Arzt hatte zuvor entschieden, dass sie die 3. Gabe nicht mehr erhält, da es nicht bisher den erhofften Erfolg gebracht hat. Im besten Fall hätte man nämlich auf einem deutlichen Rückgang der Leukämie gehofft. Allerdings kann man ja schlecht sagen, wie der Verlauf gewesen wäre, wenn sie diese speziellen Abwehrzellen nicht bekommen hätte. Vielleicht wäre die Leukämie noch schneller gewesen. Zumindest ist unser Arzt noch immer recht angetan von Heleens gesundheitlichem Zustand und er freut sich, wie quirlig sie ist.
Das gute Wetter nutzt Heleen schon vom ersten Sonnenstrahl an. Konnten wir sie sonst morgens, so gegen 7 Uhr mit einer Frühstücksmilch wieder ins Bett zurücklegen (danach hatte die meist noch ein gutes Stündchen geschlafen) , so möchte sie jetzt am liebsten gar nicht wieder zurück. Lautes Erzählen und Spielen mit dem im Bett befindlichen Kuscheltieren, lassen einem nicht mehr die Augen schließen...., also "Wer früh aufsteht, hat mehr vom Tag" denkt sich momentan auch Heleen!

06 April 2007

Das Meer und ein weiterer Tiefschlag

Am Freitag gab es nun (endlich) die Transfusionen von roten Blutkörperchen (Erys) und auch von Blutplättchen (Thrombos). Dazu musste Heleen in der Tagesklinik aufgenommen werden, denn allein die Bestellung der Erys dauerte bis zum späten Mittag. Damit diese Blutkörperchen nicht schon während der Transfusion kaputt gehen, laufen sie sehr langsam in den Körper ein. Heleen fand den Aufenthalt aber spätestens ab dem Mittagessen ziemlich blöd; (es gab drögen Fisch mit saurem Kartoffelsalat) und das tat sie dann auch lautstark kund. In der Tagesklinik teilen sich bis zu 4 Patienten ein Zimmer. Für Eltern kann es also schon eine kleine Herausforderung werden, das eigene Kind schnell zur Ruhe zu bringen, damit der Rest nicht nachhaltig gestört wird. Allerdings kam uns mal wieder Heleens „Nesthäkchen-Bonus“ zu Gute: Da Heleen meist die Jüngste der Patienten ist, ist man ihr nicht wirklich böse, wenn sie Vollalarm schreit, sondern jeder versucht ihr die Situation so angenehm wie möglich zu machen. Als man zu der Erkenntnis kam, dass Heleen dringend ein Mittagsschläfchen halten sollte, wurden nämlich die übrigen Anwesenden gebeten, den Raum zu verlassen. Unsere Motte weiß schon, wie man sich ein „Einzelzimmer“ organisiert. (Um ehrlich zu sein, durften die anderen mittags aber eh nach Hause gehen und sollten lediglich auf die Abschlussuntersuchung auf dem Flur warten.)
Nachdem Heleen sich also neue Kräfte erschlummert hatte, wurden wir wieder gefordert: Heleen wollte alle Brumm Brumms (Bobby Car) fahren, die im Wartebereich aufgespürt wurden. Die Schwierigkeit bestand dann darin, Heleen beim Lenken und Schwung holen zu helfen und nebenbei natürlich auch den Infusionsständer zu schieben.
Am späten Nachmittag wollte man uns dann aber doch gerne los werden und die Schwestern verzichteten auf die Nachbeobachtungszeit, so dass wir pünktlich zum Abendbrot wieder daheim waren. (Nachdem man Blut transfundiert bekommt, gibt es eine Nachbeobachtung von etwa 1 Stunde, da es zu Fieber oder anderen Reaktionen kommen kann.)

Mehr oder weniger spontan hatten wir uns in der letzten Woche überlegt, den Urlaub, den wir im letzten Jahr nicht antreten konnten, nun in Kurzform nachzuholen. Aus ärztlicher Sicht sprach auch nichts dagegen für ein paar Tage an die Ostsee zu fahren. Entgegen unserer eigentlichen Art, alles rechtzeitig und gut zu planen, packten wir also am Sonntagabend schnell einige Sachen zusammen, um einen Ausflug ans Meer zu machen. Alle Eltern von euch wissen, dass es kaum einen Unterschied macht, ob man übers Wochenende oder für zwei Wochen wegfährt, mit Kind nimmt man seinen halben Hausstand mit… Egal, wir wollten Heleen ja etwas ganz besonders Schönes bieten und da nimmt man diese Mühe gern auf sich!
Zur Mittagszeit kamen wir in Grömitz an und hatten herrliches Wetter. Bestens ausgestattet mit Bollerwagen ging es dann zum Strand um richtige Seeluft zu schnuppern. Leider fand Heleen nicht so viel Gefallen wie wir an unserem Ausflug, denn sie war die meiste Zeit am nörgeln und ließ sich nur kurzfristig mit Keksen beruhigen. Am Strand wollte sie unbedingt selbst den Bollerwagen bewegen und wollte dabei nicht einsehen, dass es für sie zu schwer ist und dass man einen Bollerwagen ziehen muss und nicht schieben kann. Von den anderen Strandbesuchen haben wir dann teils amüsierte teils mitleidige Blicke geerntet, als Heleen zu neuem Löwengebrüll ansetzte.
Erstaunlicherweise gefiel ihr unsere Unterkunft aber sehr gut und sie ist abends ohne Gemurre ins Bett gegangen und schnell eingeschlafen. Leider sollte es aber am nächsten Tag nicht besser werden. Die Nacht war untypischerweise schon um 5:00 Uhr beendet und entgegen ihrer Art ließ sie sich nach der Morgenmilch auch nicht noch einmal ins Bett legen. Man sagt: „Wer früh aufsteht, hat mehr vom Tag.“ Allerdings gilt das wohl nur für jemanden, der ausgeschlafen ist. Heleen war es eindeutig nicht, denn die Stimmung vom Vortag setzte sich genauso fort. Tja, das war nun also unser ganz besonderer Ausflug… was wir uns so schön überlegt hatten, schien Heleen ganz und gar nicht zu begeistern. Was also tun? Augen zu und durch oder so ehrlich zu sich selbst sein, dass es keinen Sinn macht und Heleen vielleicht sogar überfordert? Immerhin darf man nicht vergessen, dass sie monatelang völlig abgeschottet in der Klinik war und auch jetzt kaum Kontakt zur „normalen Welt“ hat. Wir haben den Urlaub dann abgebrochen, denn unser Wunsch ist es ja, mit Heleen Dinge zu unternehmen, die ihr Spaß machen.

Wieder daheim angekommen, steigerte sich Heleens Laune dann auch wieder im Positiven. Nach wie vor ist es ein Highlight Bagger zu beobachten oder zum Spielplatz zu gehen. Ist es nicht schön, wenn man schon mit so kleinen Dingen Freude erzeugen kann?!

Für uns gab es dann noch einen Tiefschlag vor Ostern, nämlich bei der Kontroll-Untersuchung am Donnerstag. Heleens Blutwerte verschlechtern sich zunehmend. Die Abwehrkräfte sind jetzt auf so niedrigem Niveau, bei dem ein „normaler Patient“ gar nicht aus der Klinik entlassen würde, weil die Infektionsgefahr zu groß ist. Also hat auch das Studienmedikament keinen Einfluss auf die Verbreitung der Leukämie genommen. Es wurde somit wieder abgesetzt. Wie geht es nun weiter? Es gäbe die Möglichkeit Heleen eine leichte Chemotherapie zu verabreichen und darauf zu hoffen, dass sich ein Teil der Leukämiezellen vernichten lässt. Eine Heilung ist nicht zu erwarten, eventuell aber ein Zeitaufschub. Allerdings kann man schlecht abschätzen, wie stark die Nebenwirkungen ausfallen werden, da Heleens Körper noch immer von der Transplantation geschwächt ist. Es klingt verlockend Zeit mit ihr zu gewinnen, aber wäre das tatsächlich in Heleens Sinne, wenn man die Nebenwirkungen schwer abschätzen kann? Jetzt geht es Heleen den Umständen entsprechend gut, sie ist fröhlich und interessiert, hat wieder guten Durst und Appetit. Vielleicht würde man diesen Zustand mit einer Chemotherapie vernichten. Es geht uns um Zeit, die lebenswert für die kleine Maus ist und nicht um Zeit, die man mit ihr am Krankenbett verbringt. Also haben wir uns gegen eine weitere Chemo entschieden. Irgendwann müssen wir Heleen gehen lassen. Aber wir können zumindest ein wenig beeinflussen, wie sie die nächste Zeit verleben darf.

Heute hat sie sich mit einem neuem Spielzeug begeistern lassen. Leihweise ist ein Musik-Spiel-Tisch bei uns angekommen und Heleen hat ihn gleich nach dem Frühstück in Beschlag genommen. Sogar abends mussten wir sie sogar noch mal aus dem Bett holen, weil sie sich überzeugen wollte, ob der Tisch auch noch da ist und funktioniert.

Wir hoffen nun also auf eine lange fieberfreie Zeit und freuen uns auf ein buntes Osterfest.


 
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