Heleen, die kleine Motte

26 Juli 2007

Anstrengende Zeit

Seit wir den letzten ausführlichen Bericht geschrieben haben ist nun schon eine ganze Weile vergangen. Daran erkennt man also auch, dass wir momentan sehr gut beschäftigt werden und kaum Zeit finden etwas nebenbei zu erledigen.

Tatsächlich hat Heleen nun seit bald vier Wochen fast durchgehend Fieber und will dementsprechend umsorgt werden. Manchmal merkt man ihr kaum an, dass sie hoch Fieber hat, weil sie dann trotzdem ganz interessiert umher trollt und bespielt werden will. Aber wir hatten nun auch schon Tage, an denen sie ganz ausgepowered dalag und nur sicher sein wollte, dass Mama in der Nähe ist. Ausserdem schwitzt sie sehr heftig. Das soll zum Teil zur fortschreitenden Krankheit dazu gehören und zum anderen das Fieber sein, was sie ausschwitzt. Manchmal ist sie so nassgeschwitzt, dass wir sie nicht nur komplett umziehen sondern auch gleich noch minutenlang die Haare wieder trocken föhnen müssen. Etwas ungünstig ist es, wenn dass spät abends der Fall ist, denn nachdem man sie dann endlich trocken gelegt hat, ist sie unter Garantie so wach, dass an Schlafen nicht mehr zu denken ist.

Das Blutbild spiegelt diese Situation auch sehr drastisch wieder: Gesunde Menschen haben ca. 10.000 Leukozyten. Bei Heleen sind es inzwischen über 85.000. Alles was über dem Normalwert liegt, sind Leukämiezellen. Doch die Masse an Zellen sieht nicht nur einfach recht bedrohlich auf dem Papier aus, sie macht Heleen auch Beschwerden. Dadurch, dass sich so viel mehr Zellen im Knochenmark befinden, kommt es zu einer Art Platzmangel und die Zellen drücken an die Knochenwände. Das macht natürlich Schmerzen. Heleen hat besonders in den Füßen Schmerzen oder zumindest ist es da für uns ganz offensichtlich zu erkennen, denn sie weinte oft beim Strümpfe und Schuhe anziehen und sie lief zunehmend torkeliger.
Zuerst hatten wir mit den Ärzten besprochen, dass Heleen je nach Bedarf mit Schmerzmitteln versorgt werden sollte. Mit der Zeit war es für uns dann aber wirklich sehr mühsam und belastend geworden in jeder einzelnen Situation zu entscheiden, ob die Kleine nun Schmerzen hatte, oder vielleicht nur ihre Laune etwas mies war.
Deshalb hat Heleen nun seit einigen Tagen ein Schmerzpflaster auf dem Rücken kleben. Das gehört schon zu den heftigeren Mitteln und wird auf einem Rezept für Betäubungsmittel verordnet. Irgendwie war das schon ein leicht gruseliges Gefühl zu wissen, dass wir mit Heleen nun an einem Punkt angekommen sind, wo es ihr ganz offensichtlich nicht mehr gut geht und man ihr das tägliche Leben mit solch drastischen Mitteln erträglich machen muss. Aber es sei dazu gesagt, dass sie eine sehr niedrige Dosis erhält. Im Übrigen sollte man froh sein, dass wenn die Medizin schon nicht mehr heilen, sie doch aber zumindest die Schmerzen erträglich machen kann!

Immerhin konnten wir bislang noch viele Ausflüge machen. In aller Regelmäßigkeit nutzen wir unsere Zoo Karte und Heleen fragt jedes Mal nach dem Bären. Das gute Tier ist aber schon sehr betagt und schläft lieber zurückgezogen als sich der Öffentlichkeit zu präsentieren. Aber nun endlich wurde unsere Ausdauer belohnt und der Bär hat sich mal wieder gezeigt. Zwischenzeitlich hatte Heleen sich dann schon mit der etwas kleinen Ausgabe, dem Nasenbären, angefreundet. Sie stand neulich ganz aufgeregt vor deren Käfig und rief immer wieder: "Hallo!" Ab und zu ist dann auch mal ein Tier etwas näher zu ihr herangekommen.

Seit Montag kommt der Pflegedienst wieder zu uns nach Hause. Obwohl davon auszugehen ist, dass Heleens Fieber, erhöhte Entzündungswerte und alle anderen Weh-Wehchen von der Leukämie verursacht werden, wollten wir gerne ausprobieren, ob es ihr besser geht, wenn sie andere Antibiotika bekommt.
Wir sind nun also mitten in der Testphase und warten, ob sich in den nächsten Tagen eine Besserung zeigt.
Immerhin hat sich Heleen inziwschen gut mit den Pflegerinnen angefreundet und findet es eher interessant als beängstigend, wenn die die Medizinschläuche anhängen.

Alles in Allem also, ein nicht wirklich zufriedenstellender -aber leider erwartungsgemäßer- Verlauf.
Würden wir nicht noch immer auf ein Wunder hoffen, wäre es uns nicht möglich jeden einzelnen Tag so zu überstehen, wie wir es jetzt tun:
Stets müde und gerädert aber voller Freude auf die nächste Aktivität mit Heleen.

(so kann Susanne im Nachhinein auch der letzten aufregenden Aktion von Heleen etwas Amüsantes abgewinnen: Während Heleen eigentlich Mittagsschlaf machen sollte, interessierte sie sich dann mehr für den neu produzierten Inhalt iherer Windeln. Der wurde dann auch großzügig im Bett und an ihr selbst verteilt. Im ersten Moment stand Susanne etwas hilflos vor dem Schlachtfeld, doch dann wurde in einer 1-Stündigen (!) Putzaktion sowohl Kind als auch Bett wieder vorzeigetauglich gesäubert. Heleen war dann nur nachhaltig entrüstet, dass ihr die Haare gewaschen wurden, denn das mag sie überhaupt nicht.)

08 Juli 2007

Seit einem Jahr...

...leben wir mit der Leukämie von Heleen. Was unsere kleine Motte nun in dieser Zeit erlebt hat, Höhen und Tiefen, wollen wir Euch mit ein paar Fotos zeigen. Sie hat sich ganz schön verändert....

Juli 2006
Am 7. Juli Diagnose AML , danach geht es auch schon gleich mit der Chemotherapie los!










August 2006
Im August durften wir zum ersten Mal wieder nach Hause, dann beginnt der zweite Chemo- Block ... . Heleen feiert ihren ersten Geburtstag in der Klinik!






September 2006
Im Wechsel sind wir zu Hause und in der Klinik. Die Chemotherapie hat nicht den erwünschten Erfolg gebracht, es beginnen die Planungen zu einer Knochenmarktransplantation und die Suche nach einem Spender...









Oktober 2006
Wechsel auf die KMT Station. Heleen hat ihre Fieberphase überstanden, sie wird auf die Transplantation vorbereitet. Ein Knochenmarkspender wurde gefunden! Die Feuerwehr Burgdorf ruft zu einer Typisierungsaktion auf.








November 2006
Am 7.11. wird Heleen transplantiert und wir warten...











Dezember 2006
Im Dezember bildet sie die ersten eigenen Blutzellen mit dem neuen Knochenmark. Wir müssen unsere Wohung wechseln und am 22.12. geht aus der Klinik nach Hause! Weihnachten und Sylvester feiern wir zu Hause.





Januar 2007
Die Haare wachsen wieder, Heleen übersteht eine dreiwöchige Magen-Darm Infektion.







Februar 2007
Die schlimme Nachricht ereilt uns am 9.02., Heleen hat eine Rezidiv, viel zu früh nach der Transplantation. Die Ärzt geben Heleen noch eine Überlebenszeit bis zum Sommer...









März 2007
Wir versuchen eine "normales" Leben zu führen und beginnen mit den Ausflügen in den Zoo... und machen unseren bisher einzigen Kurzurlaub, in Grömitz.





April 2007
Heleen bekommt nun regelmäßig wieder Transfusionen, die Blutbildung funktioniert nicht mehr. Sie bekommt die ersten DLI´s von ihren Knochenmarkspender. Ein neues Medikament einer Studie hat keinen Erfolg... .








Mai 2007
Die DLI sprechen an, Hoffnung kommt auf, die Leukämie zurück zu drängen bzw. aufzuhalten... .






Juni 2007
Heleen hat eine schwere Mittelohrentzündung, die sie drei Wochen aus der Bahn wirft. Der erste stationäre Aufenthalt in der Klinik seit Entlassung.










Juli 2007
Heute abend, 8.Juli, Heleen hatte das Bedürfnis das Wohnzimmerfenster zu putzen... .










Unsere kleine Motte läßt sich nicht unterkriegen!!!

04 Juli 2007

Wechselhaft

Egal was man momentan über Heleen erzählen will, eigentlich müssen wir zu allem sagen: „ Mal ist es ganz wunderbar und dann wieder genau das Gegenteil.“ So auch beim letzten Gespräch mit den Ärzten:
„Hat sie Fieber? Hat sie Appetit? Trinkt sie ausreichend? Ist sie aktiv oder sehr anhänglich? Ist sie gut gelaunt?“

Allerdings ist es bei den letzten Klinkbesuchen eher so gewesen, dass Heleen dort einen guten Eindruck machen wollte und man über unsere Aussagen dann eher schmunzeln musste.

Im trauten Heim versteht sie es aber sehr gut uns nahe dem Wahnsinn zu treiben. Lieblingsthema ist da momentan das Essen. Richtig gierig ist sie eigentlich nur nach ihrem Frühstücksei. Das kann gar nicht schnell genug gekocht sein und davon dürfte es auch gern noch Nachschub geben. Mal abgesehen von Gummibärchen scheint ihr alles andere momentan aber nicht nachhaltig gut zu schmecken. Beim Weingummi legt sie allerdings großen Wert darauf, dass es die Bärchen aus den Minitüten sind; die sind nämlich etwas kleiner als die normalen Gummibärchen. Neulich hatte ihr die nette Frau aus der MHH-Anmeldung extra eine Tüte Gummibärchen vom Kiosk mitgebracht. Da es aber die Falschen waren, wurden sie nur ein wenig angelutscht und dann wieder ausgespuckt…

Wie war das doch gleich mit den Prinzessin Allüren? ;-)

Vor ein paar Wochen waren wir ja noch sehr zurückhaltend, was Ausflüge mit Heleen anging. Inzwischen sind wir aber richtig mutig geworden und versuchen der Kleinen ein bisschen von der großen weiten Welt zu zeigen. So haben wir uns also auf den Weg zum Schuhhaus gemacht, um für Heleen neue Flitzer zu kaufen. Sie hat erstaunlicherweise auch ganz geduldig ihren Fuß ausmessen lassen und dann verschiedene Schuhe anprobiert. Als Susanne dann noch etwas ratlos vor den Paaren stand, die nun in die engere Wahl gekommen waren, hat Heleen dann auch aktiv zur Kaufentscheidung beigetragen, indem sie nur zu einem Paar sagte, dass sie es tatsächlich haben wollte. Viel interessanter waren für Heleen die Luftballons, die zum Mitnehmen in der Tür standen. Sie hat sich dann ganz zielstrebig für den blauen „Bolon“ entschieden ist stolz damit abgezogen. Die Verkäuferin dachte, dass sie Heleen eine Freude machen könnte, wenn sie ihr eine „Fahrt“ auf dem Lurchi spendiert. (das ist so ein elektrisches Gefährt, was wie ein Salamander aussieht und rauf und runter wippt) Heleen hat sich auch noch raufsetzen lassen, doch als die Bewegung einsetzte, war es vorbei mit lustig sein. Heleen hat wie am Spieß geschrieen und wollte sofort auf Mamas Arm. Tja, des einen Leid ist des anderen Freud; so haben sich gleich zwei andere Kinder auf den Lurchi gestürzt, als wir im Abmarsch waren…

Es ist leider oftmals ein Angehen mit Heleen überhaupt von zu hause loszukommen. Sie hat nämlich leider etwas andere Ansichten, was das Wickeln und Anziehen betrifft. Da entwickelt sie Kräfte, dass glaubt man gar nicht und es ist manchmal fast nicht möglich, sie allein auf dem Wickeltisch zu halten und fertig zu kriegen. Sehr praktisch ist es dann, wenn ein anderer zu Hilfe kommt und „den kleinen Racker“ mit einem Buch ablenkt. Die bereits erwähnte Stinkeseite ist noch immer sehr angesagt. Inzwischen kennt Heleen auch den darauf abgebildeten „Bubi aus der Stadt“. Als Susanne vor ein paar Tagen sagte, dass sie in die Stadt fahren wollte, antwortete Heleen auch sofort, dass da der Bubi wäre…
Einen Bubi haben wir dort zwar nicht getroffen, aber wir haben mit Heleen mehr oder weniger gemütlich Kaffee getrunken. Sie hat es sich auf den Sesseln bequem gemacht und sich einen Teil vom Blaubeermuffin schmecken lassen. Anschließend haben wir noch einen Spaziergang durch die Lister Meile gemacht und Heleen hat zur Begeisterung der Passanten eine Riesenkugel Vanilleeis eingefordert. Ganz stolz hat sie die Waffel gehalten und sich nach Herzenslust damit eingesaut. Es ist doch immer wieder schön, wenn auch kleine Dinge Freude hervorrufen können!

Vollste Begeisterung hat auch unser Ausflug zum Hannover Airport erzeugt!
Wir haben im Mövenpick Restaurant direkt am Fenster sitzen können und hatten einen wunderbaren Blick auf einige Terminals und die Startbahn. Erst hat Heleen einen eigenen Stuhl besetzt, doch dann ist ihr aufgefallen, dass die Aussicht von Mamas Schoß fast noch etwas besser war. Zumal sie dann auch gleich noch mit Erdbeerkuchen verpflegt wurde.
Als wir vor längerer Zeit schon mal am Fughafen waren, waren wir ja mehr als enttäuscht, als wir gut eine Stunde im Wind ausharrten und kaum ein Flugzeug zu Gesicht bekamen. Jetzt waren wir aber besser vorbereitet, was die Wahrscheinlichkeit von startenden Fliegern angeht und Heleen hat sofort „mehr“ eingefordert, als der erste Flieger hochging. Da das schwer zu beeinflussen ist, waren wir ganz glücklich, dass sie sich in der Zeit bis ein anderes Flugzeug startete auch für die Tanklaster etc. begeistern konnte.

Inzwischen hat es auch wieder geklappt, dass wir einen keinen Jungen besucht haben. Heleen brauchte aber eine ganze Weile um aufzutauen. Sie wollte doch immer sicher gehen, dass Mama in der Nähe war und hat sich sicherheitshalber gleich bei Susanne auf den Schoß gesetzt. Später konnte sie sich dann aber doch für verschiedenes Spielzeug begeistern. Allerdings war mal wieder deutlich zu merken, dass Heleen den Umgang mit anderen Kindern nicht kennt und es eigentlich erst lernen muss, wie man auch mal „miteinander“ spielen kann. Und sei es nur, hinter jemandem herzulaufen und das Spielzeug anzusehen, was der andere gerade gefunden hat.
Ein anderes Treffen mussten wir dann leider schon wieder absagen, weil Heleen ein bisschen fieberte und keine Lust zu irgendwelchen Besuchsfahrten hatte.

Heleen hat nun schon zum zweiten Mal in der Tagesklinik an ihren Leitungen sabotiert. Beim ersten Mal war noch nicht so ganz klar, wo das Problem lag, dass die Schläuche gleich an zwei unterschiedlichen Stellen auseinander gingen. Zuerst ist ein Teil vom Antibiotikum ausgelaufen. Als Heleen später auf dem Schoß saß, waren die Schläuche dann plötzlich wieder auseinander und eine ordentliche Ladung Blut sickerte in Susannes (natürlich helle) Hose ein. Auf dem Heimweg haben einige Passanten dann schon etwas merkwürdig geschaut, als sie die Flecken sahen. Aber auf die guten alten Hausrezepte ist Verlass: mit kaltem Wasser ließ sich alles wieder entfernen.
Bei einem anderen Besuch in der Tagesklinik kam es dann aber wieder dazu, dass die Leitungen auseinander gingen und eine unbestimmte Menge von der Thrombozyten-Transfusion ins Bett sickerte. Die Vermutung liegt nun nahe, dass Heleen mit ihren kleinen geschickten Fingern an den Verbindungsstellen der Schläuche gedreht hat und das System auseinander ging.

Einen Vorteil hatte die Sache aber auch: Da die Thrombozytenmenge dann keine ganze Woche ausgereicht hat, bekam sie in der Woche noch eine zweite Transfusion und wir sind nun wieder in unserem wöchentlichen Freitags-Turnus gelandet. Vorher sind wir ein paar Wochen montags wegen Thrombos und freitags zur Untersuchung in die Klinik gefahren. Vielleicht war Heleen der Meinung, dass es ausreichend ist, an einem Tag einen längeren Klinikaufenthalt zu haben. Damit hätte sie ja auch nicht so ganz Unrecht!

Am kommenden Freitag haben wir dann ein volles Programm in der Klinik. Heleen braucht zu den Thrombos auch mal wieder eine Transfusion von Erytrozyten und evtl. bekommt sie noch eine weitere Gabe DLI. Beim letzten Blutbild wurde festgestellt, dass sie einen erhöhten Entzündungswert im Körper hat. Nun hoffen wir, dass sie mit einem anderen Antibiotikum, was sie zweimal täglich als Saft nimmt, gut auskommt und nicht gleich den nächsten Infekt mitnimmt.


 
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