Heleen, die kleine Motte

31 Januar 2007

Der Januar

Der Januar begann mit einer freudigen Mitteilung der Ärzte. Bei der Knochenmarkpunktion, an Tag 60 nach der Transplantation, wurden wieder keine Leukämiezellen gefunden. Da konnten wir erstmal wieder durchatmen, denn so ein bischen mulmig war uns vor diesem Eingriff trotzdem.

Was jedoch nicht so schön, aber leider normal für ihren Zustand ist, dass sie mit anfällig für Viren ist.
Der erste Virus, der im Blut gefunden wurde, wurde bereits im Dezember diagnostiziert. Dieser hat ihr bisher keine Probleme bereitet, trotzdem wollten die Ärzte sicher gehen und behandeln ihn im 2-wöchigen Abstand mit einem Medikament. Dazu muß Heleen dann einen knappen Tag in der Klinik bleiben, denn die Medikamentengabe dauert so gute 5-6 Stunden.

Mitte Januar erwischte Heleen dann der Magen-Darm-Virus, der mit Erbrechen und Durchfall einherkam. Marco konnte dies am Samstag abend feststellen, als er in ihr Zimmer schaute, um zu sehen ob alles in Ordnung war. Ihn machte der säuerliche Geruch im Zimmer stutzig und als er näher an Heleens Bett trat, konnte er die Kleine sehen, wie sie wach und mit einem entschuldigen Blick dalag. Mit diesem Virus hatte sie auch gut zwei Wochen zu tun gehabt. Da ihr wohl häufig übel war, wollte sie auch nicht richtig essen, was zur Folge hatte, dass sie knapp 1,5 kg Gewicht verloren hatte. Aber auch wäherend dieser Zeit hat sie es sich nicht nehmen lassen, wie eine wilde duch die Gegend zu toben. Die Kleine haut so schnell nichts um.
Jedoch strapazierte sie unsere Nerven, denn wir waren ständig in Sorge, dass der Gewichtsverlust zu heftig wird und wir dadurch wieder auf Station müßten.
Übelkeit und Durchfall sind weg, aber der riesige Appetit ist noch nicht wieder da!

Aber dafür wurde in dieser Woche ein neuer Virus gefunden, der nun wieder genauer untersucht werden muß. Kommenden Freitag werden wir dazu näheres erfahren.

Wegen dieser ganzen Virengeschichten sind Heleen und Susanne momentan nicht die willkommensten Gäste in der Kinderklinik der MHH. Okay, ganz so schlimm ist es auch nicht, aber die beiden müssen bei den Untersuchungsterminen durch den "Hintereingang" direkt in das Zimmer der Notfallambulanz gehen. Das sind reine Vorsichtsmaßnahmen, damit sich Heleens Viren nicht weiter im Krankenhaus verteilen. Das hatte jedoch schon zur Folge, dass die beiden schon auf eine entlegene Station kamen und das Personal nicht wirklich darauf vorbereitet war. Nach einem 12 stündigen Aufenhalt, konnten die beiden dann endlich nach Hause. Die letzten beide Mal dauerte es dann 7 bzw. 5 Stunden, geht doch.... . Es bleiben noch zwei Termine.

Die Ärzte sind mit Heleens Zustand und dem Verlauf mehr als zufrieden. Die Blutwerte haben sich soweit erholt, auch die Leukozyten, sind kontinuierlich am steigen. Diese befinden sich mittlerweile auf dem Level eines fast gesunden Menschen! Bisher hatte sie noch kein einziges mal Fieber, was uns bisher einen stationären Aufenhalt ersparte.

Heleen entwickelt sich soweit ganz gut. Seit dem sie zu Hause ist, LÄUFT und GEHT sie immer mehr alleine und selbststäniger und macht die Wohnung unsicher, denn nun versucht sie auch überall raufzugreifen. Das Klettern auf Sofas und Stühle klappt, zu unserem Leidwesen, auch immer besser.

Die Medikamente werden auch kontinuierlich weniger. Eines, was wir gegen die Abstoßung des Transplantates alle 12 Stunden geben müssen, wird von der Dosierung auch immer niedriger. Ziel ist es, dieses Ende der nächsten Woche abzusetzen. Und das ist schon wieder ein weiterer Lichtblick. Wir müssen Heleen echt dankbar sein, dass sie wirklich immer freiwillig ihre Medikamente nimmt und es nicht jedesmal ein Kampf ist. Die Kleine weiß scheinbar selber, wie wichtig diese sind und steckt sich die Spritzen selber in den Mund. Vorher legt sich auch noch die Reihenfolge fest, was zu erst kommt!

Wenn wir nun auf den Januar zurückblicken, müssen wir sagen, dass wir so ein bischen in die Normalität zurückgekehrt sind. Sicher ist, das es nie mehr so werden wird, wie es mal vor dem 7. Juli 2006 gewesen ist. Trotzdem hat uns der Januar Kraft und Mut gegeben positiv in die Zukunft zu schauen, denn Heleen macht das alles sehr gut mit. Vor allem Ihr Körper scheint mit der Transplantation zurzeit ganz gut zurecht zu kommen, was uns auch immer wieder die Ärzte bestätigen. Die kleinen Rückschläge, wie die gefundenen Viren, sind aber wohl eine "normale" Begleiterscheinung, die hoffentlich weiterhin gut zu behandeln bleiben werden.

03 Januar 2007

Nach einem turbulenten Jahresausklang - jetzt wieder online

Heleens Laune wurde zunehmend wechselhafter und sie stand das ein oder andere Mal regelrecht Kopf.
Die Schwestern vermuteten, dass sie nun doch einen Krankenhaus-Koller entwickelt hatte. Nach ca. 10 Wochen stationärem Aufenthalt sei es einem aber auch zugestanden.

Bisher bekam Heleen alle Medikamente über den Tropf. Viele müssen aber noch länger eingenommen werden. Deshalb sollten wir nun üben die Mittel oral einzunehmen. Erstaunlicherweise hat Heleen bislang kaum Protest geschlagen und schluckt (in der Spitze waren es 10 verschiedene Medis) die Säfte ganz brav hinunter.
Aus ärztlicher Sicht war also alles super und man brauchte Heleen nur noch einen alltagstauglichen Katheter legen, damit sie entlassen werden konnte.
Der neue Katheter nennt sich Port und liegt unter der Haut. Mit einer speziellen Nadel wird er bei Bedarf angestochen (für größere Blutentnahmen, Tropf etc.). Ansonsten sieht man ihn nicht und sie kann „frei“ herumtollen und baden.
Vor der eigentlichen OP sollte per Ultraschall überprüft werden, in welches Gefäß der Port eingesetzt werden kann. Kinder in diesem Alter werden für die Untersuchung mit einem relativ starken Beruhigungsmittel eingedämmert und liegen dann still auf der Liege. Heleen hatte jedoch andere Pläne: Bei ihr wirkte das Mittel eher umgekehrt und sie sah es gar nicht ein, an sich herumfummeln zu lassen. Die Untersuchung musste abgebrochen werden und sollte nach Verabreichung eines noch stärkeren Beruhigungsmittels stattfinden. Suse hatte so ihre Zweifel, dass man die Kleine Kämpferin damit ruhig stellen konnte und sie sollte zum Erstaunen der Schwestern und Ärzte Recht behalten…
Der Ultraschall wurde dann einen Tag später in Narkose direkt vor der OP gemacht.

Die OP gestaltete sich allerdings schwieriger als erwartet, denn ihre Gefäße sind so klein, dass die Ärzte den Katheter nicht so einfach reinschieben konnten. Suse hat dann anstatt Einer, drei Stunden vorm OP auf die Süße gewartet. Heleen war erstmal sehr schlapp und hat auch am nächsten Tag mehr als sonst geschlafen. Danach war sie aber wieder topfit und hat die wildesten Kletterübungen an ihrem Holzstuhl und dem Zimmermobiliar veranstaltet. Alle waren zufrieden und alle Zeichen standen für eine rasche Entlassung.

Doch es sollte noch sehr turbulent werden:
In unserer Wohnung gab es einen Wasserschaden in der Küche. Um das Problem zu erforschen und zu beheben, musste man das Mauerwerk öffnen.
In einer Information für Eltern krebskranker Kinder wird unbedingt davon abgeraten Renovierungsarbeiten, egal welcher Art, durchzuführen, weil dabei Pilzsporen und Keime freigesetzt werden können, die noch Wochen später in der Raumluft sind und für Patienten mit geschwächten Abwehrkräften lebensbedrohlich sein können.
Daher entschied sich innerhalb einer Woche, dass wir sofort umziehen mussten, denn die Ärzte rieten uns strengstens davon ab, mit einem frisch transplantierten Kind in diese Wohnung zurückzukehren.

So viel Pech kann man doch gar nicht in einem Jahr haben?
Stimmt, denn wir hatten Glück im Unglück und haben innerhalb weniger Tage einen Umzug in eine sehr schöne 4-Zimmer Wohnung organisiert. Dank der tatkräftigen Unterstützung unserer Familie und einiger sehr lieben Freunde ist es uns gelungen, das neue Heim pünktlich zu Weihnachten gemütlich herzurichten. Auch hier galt: Sämtliche Bohrarbeiten mussten abgeschlossen sein, bevor Heleen sich in der Wohnung aufhalten durfte.
Wir haben uns dann auch einen ganz speziellen Weihnachtsbaum geschmückt. Garantiert naturfrei, denn wir haben eine Lichterkette in Form deiner Tanne an die Wand gehängt.

Heleen besteht darauf, jeden Abend vorm Zu-Bett-Gehen an den Sternen, Schleifen und Lichtern anzuhalten und sie in aller Ruhe zu begutachten.
Sie hat sich gut im neuen Zuhause eingelebt und tobt hier freudig mit ihrem Puppenwagen umher. Ab und zu kann man sie auch beobachten, wie sie „zufällig“ einige Schritte allein geht. Doch sobald ihr das bewusst wird, ist es doch lieber, sich wieder auf den Po fallen zu lassen und den Rest der zu bewältigenden Strecke zu krabbeln.
Spazierfahrten mit dem Kinderwagen gefallen ihr allerdings nicht mehr so sonderlich gut. Uns zu Gefallen lässt sie sich zwar durch die Gegend schieben, aber nach max. 45 Minuten reicht es ihr dann eindeutig! Anscheinend muss man sich auch an frische Luft erst wieder gewöhnen.
Heleen wird jetzt ambulant weiter über die MHH betreut. Vorerst müssen wir zwei Mal pro Woche zur Kontrolle fahren. Die Ärzte untersuchen ihr Blut, überprüfen den allgemeinen körperlichen Zustand und achten verstärkt auf Veränderungen der Haut. Daran könnte man eine Reaktion des neuen Knochenmarks gegen ihren Körper erkennen und müsste sofort medikamentös behandeln.
Außerdem wird ca. ein Mal pro Monat das Knochenmark selbst untersucht, um einen evtl. Rückfall rechtzeitig zu erkennen.

Wir sind sehr glücklich, dass wir die Festtage zusammen mit Heleen in Burgdorf verbringen durften und uns ein wenig von den Anstrengungen der vergangenen Monate erholen konnten.
Übrigens fangen Heleens Haare wieder an zu wachsen. Sie hat schon wieder recht lange Wimpern und dichte Augenbrauen. Und weil sich über die gesamte Kopfhaut ein dichter blonder Flaum gebildet hat, hat sie bei einem Oberarzt nun einen ganz speziellen Spitznamen bekommen: Kleiner Pfirsich.


Für 2007 wünschen wir uns ein bisschen mehr Ruhe.
Mal schaun, ob sie uns vergönnt ist.


 
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