In der Ruhe liegt die Kraft
Wir müssen uns in den letzten Tagen immer wieder bewusst machen, dass Heleen in dieser „Krankheits- situation“ eigentlich stationär aufgenommen wäre. Hier zu hause geht es ihr zwischen- zeitlich aber immer mal wieder so gut, dass man schnell vergessen kann, dass ihr kleiner Körper eigentlich ziemlich geschwächt sein muss von der schweren Ohrenentzündung. Sie tobt zwar nicht ganz so wild durch die Wohnung, wie wir es von ihr kennen, aber sie ist immer wieder zu vielen Scherzen aufgelegt und lässt sich gern durchkitzeln. Für die meisten von uns ist es eher unverständlich, dass jemand „Mehr!“ ruft, wenn er gekitzelt wird. Aber diesen Wunsch kann man ihr dann ja gern erfüllen. Die Entzündung scheint gut abzuheilen. Inzwischen ist es möglich Heleen ein T-Shirt über den Kopf zu ziehen, ohne dass sie dabei vor Schmerzen ein Löwengebrüll anstimmt. Jetzt ist da eher mal wieder das Problem, dass Heleen an dem für sie ausgewählten Kleidungsstück etwas auszusetzen hat, oder gerade generell nichts anziehen mag… Die lieben Kleinen haben manchmal ja doch ihren eigenen Kopf mit dem sie „durch die Wand“ wollen.
Bis Donnerstag soll Heleen noch das Antibiotikum bekommen, was über die Vene einläuft. So lange besucht uns also täglich der ambulante Kinder-Pflegedienst. Inzwischen hat Heleen sich auch weitestgehend an die neuen Besucher gewöhnt. Allerdings mag sie es aus Prinzip nicht, wenn sich jemand für ihren Port interessiert (dauerhafter Zugang in eine Vene; er wird im Bedarfsfall mit einer speziellen Nadel angestochen, an der ein kleiner Schlauch hängt über den dann das Antibiotikum einläuft).
Obwohl die Nadel nicht jeden Tag gewechselt werden muss und die Pflegekraft lediglich ans Ende vom Schlauch anfasst, weint Heleen meist schon vorsichtshalber los, weil sie schlimmeres befürchtet. Das kann man ihr auch nicht verdenken. In den letzten Monaten hat die Kleine schließlich schon einiges erlebt.
Susanne setzt sich für die Dauer der Antibiotika-Gabe immer mit Heleen in den Relax-Sessel und schaut mit ihr Bücher an. Am besten gefällt Heleen momentan die „Stinkeseite“ aus dem Bauernhofbuch. Da gibt es einen Miststreuer und Jauchewagen. Heleen findet es sehr interessant, dass dort Männchen abgebildet sind, die sich die Nase zuhalten und vor den „Stinkern“ so schnell davon laufen, dass ihnen die Mütze vom Kopf weht.
Ein bisschen auffällig und anstrengend ist es, dass Heleen momentan sehr auf Susanne fixiert ist. Es gab schon Tage, da wollte sie nur von ihrer MAMA getröstet werden und auch nur bei MAMA auf den Arm. Die Krönung war, als sie Susanne nicht aus der Wohnung lassen wollte und regelmäßig kontrollierte, ob ihre Mama auch noch da war. In der Gewissheit, dass alles noch seine Ordnung hatte, zog sie dann wieder ab und spielte mit ihrer Oma weiter. Da sieht man mal, wer hier der Chef im Hause ist. Der Wocheneinkauf wurde dann jedenfalls auf den kommenden Tag verschoben…
In Heleen scheint ein kleiner Südländer zu stecken. In den letzten Tagen dreht sie nämlich erst abends so richtig auf. Das Wochenende bot sich da gleich besonders gut an. Sowohl Freitag als auch Samstag wurde von den Großeltern eingehütet. Das hat die kleine Motte auch gleich schamlos ausgenutzt. In der Gewissheit, dass man ja gerne Zeit MIT ihr zusammen verbringt, wollte sie nämlich nicht schlafen gehen, sondern hat bis ca. 22:00 Uhr für Partystimmung gesorgt. Momentan ist sie nun in der Erprobungsphase, ob das wohl auch bei Mama und Papa durchzusetzen ist.
Es scheint, als hätten wir diesen Infekt gut hinter uns gebracht und können dann ab der kommenden Woche wieder zu Besuchen und kleinen Ausflügen starten. Bisher haben wir unsere Unternehmungen auf kurze Spaziergänge beschränkt. Einer davon führte uns gestern in den Supermarkt. Da sie es nicht gewöhnt ist in öffentlichen Einrichtungen zu sein, ist sie dann recht ehrfürchtig und bestaunt die vielen Angebote. Anscheinend tut sie das aber sehr genau, denn sie forderte sofort ein Hörnchen ein, als wir an den Backwaren vorbeikamen. Zufrieden schmatzend hatte sie dann auch nichts dagegen, dass es an der Kasse länger als vermutet dauerte.
Allerdings macht es uns momentan ein wenig Sorgen, dass Heleen, trotzdem es so warm ist, nicht viel trinken mag. Besonders heikel ist dieser Zustand für uns, weil genau das damals der ausschlaggebende Punkt war, weshalb wir mit Heleen zum Kinderarzt gingen und dann die alles verändernde Diagnose Leukämie bekamen…





